Unterwegs in Deutschland

Auf den Spuren von Peter Paul Rubens in Köln

7. Mai 2016

Der Freundeskreis Buch und Kunst in Neunkirchen-Seelscheid bot eine Tagesfahrt nach Köln unter der bewährten, hervorragenden Leitung des Kunsthistorikers Dr. Uwe Westfehling und der ebenfalls bewährten, hervorragenden Organisation von Ursula Krumm an.

Da es zeitlich gut passte, nahm ich diese Gelegenheit gerne war  und bin – wie stets nach einer solchen Excursion – eine ganze Ecke schlauer, da Dr. Uwe Westfehling es bestens versteht Bilderklärungen in den geschichtlichen Rahmen einzupassen.

Heute also folgen wir den Spuren Peter Paul Rubens in der Barockzeit in Köln.

Was vielen nicht bekannt ist, die Familie Rubens kam als Flüchtlingsfamilie – sehr zeitgemäß – von Antwerpen nach Köln.

Wir bekamen im Bus zu den Erläuterungen von Dr. Westfehling die Biographie von Peter Paul Rubens (1577 – 1640)  ausgehändigt:

Rubens1    

(Zum Vergrößern der Biographie diese anklicken)

Ergänzende Daten gemäß WIKIPEDIA

1609 Am 3. Oktober heiratete er Isabella Brant (1591-1626)
1611Wurde seine erste Tochter Clara Serena geboren.
1614Wurde sein Sohn Albert geboren
1618Wurde sein Sohn Nicolas geboren.
1622Rief ihn Maria de‘ Medici nach Paris, um ihren dort erbauten Luxembourgpalast mit Darstellungen der denkwürdigsten Begebenheiten ihres eigenen Lebens zu schmücken.
1622-1623Fertigte Rubens die Kartons zu Tapisserien der Konstantinfolge
für Ludwig XIII., die in der Manufacture des Gobelins gefertigt wurden.
1628Nachdem Rubens schon seit 1623 als Diplomat in den Diensten der Erzherzogin Isabella zum Zweck von Friedensunterhandlungen tätig gewesen war, sandte ihn 1628 die Erzherzogin in gleicher Absicht nach Spanien. Rubens gewann das Vertrauen des Königs wurde Sekretär des geheimen Rats und führte während seines Aufenthalts in Madrid mehrere Werke aus.
1629Wurde Rubens von Madrid unmittelbar nach London gesandt, um mit dem König über einen Frieden zwischen Spanien und England zu verhandeln. Diesen Vorbesprechungen ist zu verdanken, dass 1630 der Friedensvertrag unterzeichnet wurde. König Karl I. Von England schlug ihn deshalb zum Ritter.
1630Nach dem Tod seiner ersten Frau vermählte er sich mit Helene Fourmet, die ihm häufig als Modell diente
1632Wurde seine Tochter Clara Johanna geboren
1637Wurde sein Sohn Peter Paul geboren
1640Am 30. Mai verstarb Peter Paul Rubens im 63. Lebensjahr in Antwerpen nach längerem Leiden an der Gicht.

Unseren ersten Stopp legen wir  an der romanischen Kirche St. Gereon ein. Sie ist eine der 12  großen romanischen Kirchen Kölns die von der römischen Kaiserin Helena erbaut worden sein soll. Sie war die Mutter von Kaiser Konstantin dem Großen, der im Jahre 313 das Christentum als Religion erlaubte. Seit dieser Zeit gab es auch keine Christenverfolgungen mehr. Kaiserin Helena wurde sogar heilig gesprochen, vor allem weil sie das Kreuz gefunden haben soll, an dem Christus gekreuzigt worden war.
Der Legende nach soll auf den Gräbern des Hl. Gereon und seiner Thebäischen Legion, die das Marthyrium erlitten haben, da sie Kaiser Maximilian die Verfolgung von Christen verweigerten, St. Gereon errichtet worden sein.

St. Gereon mit seinem spätantiken Ovalbau aus dem 4. Jahrhundert ist  bis 1200 unverändert geblieben und wurde nun wohl sanierungsbedürftig.
Mit allen baufälligen Kirchen, die noch aus der frühen Zeit von Köln stammten, hatte man eigentlich im Mittelalter kurzen Prozeß gemacht und sie abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Die einzige Ausnahme ist der Ovalbau von St. Gereon der nicht abgerissen wurde, sondern in den Jahren 1219-1227 mit einem neuen Steinmantel umgeben wurde, der außen zehneckig ist. Seither heißt dieser Bau Dekagon (Zehneck).
Dieses  kühne Bauwerk suchte in dieser Zeit seines gleichen, da man im 13. Jahrhundert normalerweise keine Rund-Oval-oder Zehneckbauten dieser Größe errichtete und deshalb gar keine Übung hatte im Mauern solch großer Gewölbe. Man muss sich vorstellen, dass das letzte derartige große Gewölbe über einem Zentralbau etwa 700 Jahre vorher in Konstantinopel in der Hagia Sophia gebaut wurde und das nächste nach St. Gereon erst 200 Jahre später im Dom von Florenz geschaffen wurde.
Der Zehneck-Kuppelbau  wurde jedoch im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört und der Wiederaufbau wurde erst 1984 beendet.
Zudem war die Kirche wohl ausgemalt, Reste davon wurden bei Renovierungsarbeiten gefunden.

Dr. Westfehling erläutert uns an Hand eines erhaltenen Altarbildes im Hochchor von dem Maler Johann Husmann – der sich an Peter Pauls Rubens Malstil anlehnte – die Geschichte Kölns von der Dreifaltigkeit angefangen über die Weltkugel, Maria, die Heiligen Dreikönige, deren Gebeine ja als Reliquie im Kölner-Dom aufbewahrt werden, die 056Thebäischen Märthyrern mit ihrem Anführer Gereon, den Märthyrer Hlg. Sebastian über die Äbte Heribert, Kunibert und Anno bis zur schwangeren Helena,  und als Abschluss das Stadtbild Kölns mit rechtsrheinisch der Kirche St. Heribert und linksrheinisch mit St. Groß Martín, der Dom noch ohne Türme und der Bayenturm. Dieser landschaftliche Part wurde Johann Toussy gestaltet.

Von St. Gereon brachte uns der Bus zum Wallraf-Richartz-Museum.
Dr. Westfehling kehrte an die Stätte seines beruflichen Wirkens als Leiter der Mittelalterlichen Grafischen Abteilung dieses Museums zurück und er erklärte uns im Barock-Saal an einigen Bildern die Malweise Peter Paul Rubens und zog zum Vergleich u.a. das Selbstbildnis von Rembrandt heran.

Stellt man diese beiden Selbstbildnisses gegenüber fällt auf, dass Peter Paul Rubens auf dem Gemälde „Selbstbildnis im Kreis der Mantuaner Freunde“ dem Besucher selbstbewusst in die Augen sieht. Betrachtet man das Selbstbildnis Rembrandts sehen wir einen alten Herrn der verschmitzt wohl über seine eigenen Unzulänglichkeiten dem Betrachter entgegenlächelt.
Rembrandt liebte es sich in verschiedenen Rollen zu malen. Welche er hier angenommen hat, man weiß es nicht.

An Hand des Gemäldes „Juno und Argus“ um 1600 ( Juno lässt nach der Enthauptung von Argus durch Merkur durch ihre Gehilfin Iris die 100 Augen Argus entfernen und schmückt damit das Pfauengefieder) erläutert Dr. Westfehling die Arbeitsweise von P.P. Rubens. Er fertigte Skizzen nach der Laokoon-Marmorskulptur an und legte die Körperhaltung seinen Gemälden zum Teil zu Grunde, wie z.B. hier der Körper des geköpften Argus. Zudem fertigte er kleine Ölbilder als „Vorbild“ der dann folgenden großen Gemälde  an.

JunoundArgus                                                                              (Wallraf-Richartz-Musem)

Die Laokoon Gruppe ist die bedeutendste Darstellung des Todeskampfes von Lokoon und seinen Söhnen.

Laocoon_and_His_Sons_black                                                               (Lakoon-Gruppe in den Vatikanischen Musen)

Man vermutet, dass das Original ca 200 Jahre v.Chr. eine Bronzeplastik aus Pergamon war, die jedoch nicht erhalten ist.
1506 wurde in den Weinbergen von Rom eine Marmorkopie aus römischer Zeit gefunden und sie befindet sich heute in den Vatikanischen Museen.
Das Schicksal Laokoons wird mit dem Verrat des Trojanischen Pferdes verbunden und er und seine Söhne sollen zur Strafe von Schlangen getötet worden sein.

Als einen besonderen Glücksfall bezeichnet Dr. Westfehling, dass die umfangreiche Skizzensammlung von Peter Paul Rubens, die nach seinem Testament nicht verkauft werden sollte, um eventuell seinen Kindern, sollten eines von ihnen in seine Fußstapfen treten wollen, als Anschauungsmaterial dienen sollte, im Wallraf-Richartz-Museum gelandet sind.

Dr. Westfehling empfiehlt, den Dom zu besuchen, da stets in der Woche vor Pfingsten 8 Teppiche gezeigt werden, die nach Vorlagen von Peter Paul Rubens gefertigt wurden.

Teppich

Und es wäre nicht Dr. Westfehling – im Dom darf er nicht führen –   wenn er uns nicht  trotzdem Hilfestellung an Hand einer Zeichnung gab und uns einen Teppich besonders nahelegte „Rubens Teppich: Eucharistie“.

Rubens2

111Nachdem unser Grüppchen – im Angesicht des Monumentalbaus Dom – im Café Reinhardt gut im Sonnenschein gegessen hat – war das Treffen an der Kreuzblume angesagt und nun nur ein paar Schritte zur Marzellenstraße.

Der Barockbau von St. Mariä Himmelfahrt ist der nächste Punkt auf unserer Besichtungstour:
Für die seit 1544 in Köln ansässigen Jesuiten wurde seit 1618 eine eigene Kirche errichtet. Hauptförderer waren Erzbischof Ferdinand und sein Bruder, Kurfürst Maximilian von Bayern.
1678 geweiht, wurde die ehemalige Kollegkirche erst 1689 fertiggestellt.
Entworfen wurde sie von dem Aschaffenburger Architekten Ch. Wamser, ausgestattet von dem Ausgburger 116Bildhauer J. Geisselbrunn und sie war nach dem Dom die größte Kirche Kölns.
Die frühbarocke Kirche ist zudem die bedeutendste Jesuitenkirche Nordwestdeutschlands, die im Geist der Gegenreformation, unter bewusstem Rückgriff auf Elemente der Romanik, Gotik, Barock und Renaissance die Kontinuität der katholischen Kirche auszudrücken suchte.
Auch sie wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, und erhielt ihre ursprüngliche Gestalt und Farbigkeit bis 1979 zurück.

Leider ist die Kirche heute geschlossen, so dass wir die sicher lohnende Innenbesichtigung verschieben müssen.

Dr. Westfehling erläutert weiter welche Bedeutung diese Kollegkirche hatte, welche Sammlungen und Schätze sie beherbergte. 1794 als die französischen Revolutionstruppen in Köln einmarschierten und die Säkularisation in Köln stattfand wurden die  Sammlungen und Schätze der Jesuiten nach Paris gebracht und erst nach Napoleons Tod kehrten sie nach Köln zurück.

Das Gebäude selbst wurde von Kölnern Bürgern erworben und so vor dem Abruch bewahrt.
Nach dem Konkordat von 1801 wurde die Kirche dann wieder als Kirche geweiht und ist seit 1803 eine Pfarrkirche, die auch von den Italienern genutzt wird.

Die Kölner Bürger waren vor allem durch den Handel reich geworden und steckten einen großen Teil ihres Geldes in die Architektur ihrer Stadt. Insbesondere die Klöster und Stifte erhielten viele Schenkungen und konnten sich so die besten Architekten und teures Baumaterial leisten, um so großartige und einmalige Bauwerke zu errichten, die zur höheren Ehre Gottes entstanden, aber auch den Ruhm von Köln als architektonisch besonders schönen Stadt in alle Welt trugen und den Stolz der Kölner Bürger auf ihre so bedeutende Stadt machten.
Jedoch: Die Kölner Bürger hatten seit dem 11. Jahrhundert immer wieder Streit mit ihrem Erzbischof, der damals nicht nur das kirchliche Oberhaupt der Stadt war, sondern auch als weltlicher Herrscher über die Bürger regierte und ihnen Vorschriften machen konnte, z.B. wieviel Steuern sie zahlen mussten usw. Darüber ärgerten sich die Kölner, die lieber selbst über sich bestimmen wollten, und erklärten dem Erzbischof den Krieg. Im Jahre 1288 besiegten die Kölner Bürger in der Schlacht bei Worringen den Erzbischof, der dann nicht mehr in Köln wohnen durfte und seine Neubauten alle außerhalb von Köln errichtete, wie z.B. Schlösser und Kirchen in Bonn, Brühl, Münster und bei Paderborn. Köln war also keine Residenzstadt eines Fürsten, der durch seine Macht damals neue Straßenanlagen und große Neubauten erzwingen konnte – wobei es egal war, ob dieser Fürst ein weltlicher Herzog war oder ein Bischof. Köln war eine freie Reichsstadt, die dem Kaiser direkt unterstand und die die Bürger selbst verwalteten.

(Hier habe ich mein Gedächtnis mit Ausführungen von Hiltrud Kier „Die großen Romanischen Kirchen“ aufgefrischt.)

Um ein- zwei Ecken und wir sind in der Komödienstraße, hier wartet wieder der Bus, der uns quasi per Stadtrundfahrt über die Ringe, am Rhein entlang zum Schnütgen-Museum bringt.
Unterwegs spielt Dr. Uwe Westfehling für uns Reiseleiter und erklärt und erläutert die mannigfaligen Bauten und ihre Historie.

Am Schnütgen-Museum, hier kann die Gruppe der Fußkranken im Café eine Pause einlegen während die andere Gruppe noch zur Sternengasse 10 spaziert.120

Hier verbrachte Rubens seine Kindheit.

Die Sternengasse war einmal

Rubens3

 

Zurück von unserem kurzen Ausflug in die Sternengasse bleibt uns etwas Zeit bis 16 Uhr unsere Besichtigung in der „Kunst-Station“ der Kirche St. Peter erfolgen kann.

Diese Zeit wiederum nutzt Dr. Uwe Westfehling um uns „schlau“ zu machen, dass es früher gang und gäbe war, dass 2 Kirchen, eine Pfarrkirche und eine Stiftskirche, nebeneinander lagen. Hier, die Damenstiftskirche St. Cäcilien und die Pfarrkirche St. Peter sind als einziges Beispiel hierfür erhalten geblieben.

In der Zeit der Säkularisation von 1802 (der Verweltlichung) bewahrte man die Stifte und Klöster, indem man sie zu Pfarrkirchen machte und dafür die meist kleineren und kunsthistorisch weniger bedeutenden eigentlichen Pfarrkirchen abbrach.
Diese alten Pfarrkirchen standen immer nahe bei den Stifts- und Klosterkirchen, da sie von diesen betreut wurden.

Dass diese beiden Kirchen dem allgemeinen Schicksal entkamen, lag an den resoluten Augustinerinnen.
127Zwar wurde 1802 das Kloster, wie alle anderen, aufgelöst. Die Klostergebäude wurden aber hier ausnahmsweise nicht abgebrochen, sondern in ein städtisches Krankenhaus, das Bürgerhospital, umgewandelt. Die ehemalige Stiftskirche St. Cäcilien wurde Krankenhaus-Kirche und nicht Pfarrkirche. Aus diesem Grunde blieb die alte Pfarrkirche St. Peter erhalten.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde auch das Bügerhospital zerstört und hier nicht mehr aufgebaut. An seine Stelle kamen die Volkshochschule, die Kunsthalle und der Kunstverein. Die Kirche St. Cäcilien wurde nun für den Gottesdienst nicht mehr gebraucht und man hatte die Idee daraus ein Museum für kirchliche Kunst zu machen: das städtische Schnütgen-Museum zog 1956 nach dem Wiederaufbau hier ein.

So, es bleibt immer noch etwas Zeit für einen Café und Punkt 16 Uhr erfolgt der letzte Besichtigungspunkt:

Das bedeutende Spätwerk Peter Paul Rubens „Die Kreuzigung des Petrus“ von 1639

Dr. Uwe Westfehling wird nicht müde, sein Wissen mit uns zu teilen und macht uns wieder auf die Ausgestaltung der Petrusfigur , die Kopf nach unten an dem Kreuz gebunden, genagelt ist in der Manier der von Rubens angefertigen Zeichnungen nach der Skulptur Laokoon aufmerksam.P1230258
Bis ins kleinste Detail beschreibt er uns das Bild, von dem mit dem Kopfteil steckenden Kreuz, in einer Grube – der Spaten liegt noch daneben –  das von einem Henker? gestützt werden muss,  von den 3 anderen Gehilfen die die Arme Petrus verbiegen und die Hand festnageln.

Auch hier wieder geschichtlicher Hintergrund:
Petrus war kein Bürger Roms, so wurde er gekreuzigt, das galt als unehrenhaft.
Da er sich jedoch als nicht  würdig ansah, so wie Christus gekreuzigt zu werden, bat er kopfüber gekreuzigt zu werden.

Paulus dagegen war römischer Bürger, er soll durch das Schwert getötet worden sein. Das wurde als ehrenwerter angesehen – ein Privileg -, was nur einem Römer nicht zustand.

Beeindruckt von so viel Neuem, das uns in verständlicher Form unermüdlich nahe gebracht wurde, treten wir die Heimreise an.
Ein ausgefüllter, erfüllter Tag ist zu Ende!

Danke!

Ein Kommentar zu “Auf den Spuren von Peter Paul Rubens in Köln

  1. Doris Strohm

    Vielen Dank ,
    Rubens ist angekommen.
    Ich musste den Bericht über den historischen Ausflug quer durch Koeln
    mindestens 2x lesen. Bewundernswert wie Ihr alles aufzeichnen konntet.
    Oder hattet Ihr einen Spickzettel?
    Auf jeden Fall in Teilabschnitten nachahnungswert.
    Liebe Gruesse
    Doris und Dietrich

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